Gut geht’s den Hohenzollern aus Sigmaringen in Baden-Württemberg. Das zeigt derzeit die Ausstellung “Kleidung. Macht. Geschichte” zum 950-jährigen Bestehen der Familie im familieneigenen Museum am familieneigenen Schloss über der Donau.
Vor lauter Wertgegenständen, darunter eine teure Diamantenkrone und ein Andy Warhol (sein Friedrich II. bzw. Frederick the Great, der zwar zu einem anderen, dem preußischen Zweig gehörte, aber auch Hohenzoller war), müssen die armen Museumswärter offenbar peinlich genau auf alle Bewegungen der Besucher zu achten, damit niemand zufällig eine der großzügig installierten Alarmanlagen in Gang setzt. Ebenfalls zu sehen, sicherlich etwas weniger wertvoll: das Tenorsaxophon des jazzbegeisterten aktuellen obersten Hohenzollern, der nämlich in der Band Charly & the Jivemates performt.
Dass es den Hohenzollern wirtschaftlich gut geht, zeigen aber auch die Webseite hohenzollern.com, die die Beteiligungen ihrer Unternehmensgruppe vorbildlich transparent auflistet, sowie die Pressemitteilungen der von der Familie beauftragten Agentur (z.B. diese/ PDF zur genannten Ausstellung).
Das Schloss selbst (das nach einem Brand weithin erst Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts neugebaut wurde, aber zuvor wohl schon ähnlich aussah) gehört nicht bloß der Familie, sondern wird (wie das in Bückeburg von der dortigen) zum Teil von ihr bewohnt. Da möchten die Hausherren auf Schlossführungen natürlich nicht viel Kritisches über ihre, wie es daher heißt, vielfältig “politisch und militärisch engagierte” Dynastie hören. Stattdessen wird mit viel Empathie geschildert, wie schwer es Fürstinnen hatten, sich zu Zeiten der Korsett-Mode anzuziehen, und wie modern für ihre Zeit andererseits die seinerzeit eingebauten Bidets waren.
Und wenn die freundliche Führerin darauf hinweist, dass ein Pferd auf einem ein Deckengemälde aus jedem Blickwinkel vom Betrachter wegzureiten scheint, sollte man (obwohl eigentlich ja jedes im vorletzten Jahrhundert aufgehübschte Protzbauwerk solch ein gemaltes Perspektivtäuschungskunststückchen enthält) höflich bestätigen, “a bissle baff” zu sein.
Wirklich etwas baff kann dann die umfangreiche Sammlung mittelalterlicher Waffen machen, in der die Hellebarden derart dicht gestaffelt nebeneinander stehen, dass sie so manchen der zur Verzierung an der Decke angebrachten Putten in diese oder jene Körperteile drücken. Das zeigt zumindest eindrucksvoll, wozu Waffen schon immer hergestellt wurden.
Auch sonst ist Sigmaringen, das jahrhundertelang Mittelpunkt des Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen war, reich an hübschen Bauwerken und Denkmälern. Zum Beispiel sitzt die auch schon alte (und Wikipedia-fähige) Kreissparkasse Sigmaringen in einem Gebäude, das eigentlich als Landtag gebaut wurde. 1848 fertiggestellt, wurde es als solcher dann nicht mehr benötigt, weil nach der im selben Jahr ausgebrochenen Revolution der letzte regierende Hohenzollern-Sigmaringer Fürst Karl Anton sein kleines Land (mit den Worten “Möge das Volk, das ich einst mit warmer Liebe ‘Mein’ nannte, glücklich sein”) ans große, ferne Preußen abtrat, in dem die evangelischen Verwandten Könige waren.
In deutschlandweiten Chroniken dieser im Südwesten bekanntlich besonders revolutionären Revolution von 1848/49 kommt Sigmaringen nicht vor, weil im größeren, nahen Baden viel mehr los war. In einer badischen Chronik (schwobeseckel.de) taucht es immerhin einmal auf. Was im damaligen 1.800-Einwohner-Hauptstädtchen (Wikipedia) abging, formuliert der Internetauftritt des Landkreises Sigmaringen so:
“Durch Vertrag treten … 1849 die von ihren revolutionären Untertanen erschreckten hohenzollerischen Fürsten die Landeshoheit über ihre Ländchen an den mit ihnen stammverwandten König von Preußen ab, der ihnen im Gegenzug eine stattliche jährliche Rente und vor allem das Vermögen der 1803 aufgehobenen Klöster als fürstlichen Privatbesitz garantiert.”
Gerade diese Frage der Verstaatlichung der in der Napoleonzeit noch gewachsenen fürstlichen Besitztümer scheint in der Sigmaringer Revolution ein wesentlicher Streitpunkt zwischen dem wohl durchaus vergleichsweise liberalen Fürsten und seinem bzw. dem Volk gewesen sein. Jedenfalls, dass es den Hohenzollern heute so gut geht, obwohl alle Throne längst dahin sind, zeigt ja, dass der damalige Fürst im Sinne seiner Familie richtig gehandelt hat.
Bleibt noch die Frage nach dem in der gegenwärtigen Medienrepublik vergleichsweise allerbekanntesten Hohenzollern. Jawohl, Ferfried bzw. Foffi (vgl. GQ) gehört ebenfalls zum Sigmaringer Zweig. Oder, wie Hohenzollern-treue Sigmaringer sagen würden, nach seinen Tatjana-Gsell-Abenteuern doch nicht mehr richtig dazu…
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“politisch und militärisch engagiert” … “immer zum Wohle der Unterthanen” … “stets mit sich im reinen” … jaja. Aber auch ein geniales Fotomotiv von der Donauseite aus.